Nach langen Gesprächen und einigen Diskussionen wurde die EU-Whistleblower-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937 – „EUWBR“) im November 2019 veröffentlicht. Wenn die EU-Richtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt wird, wirkt die Richtlinie unmittelbar.
Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern und Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern müssen bis Mitte Dezember 2021 handeln.
Kleinere Unternehmen haben Zeit bis Ende 2023.
Umsetzungsfristen:
Unternehmen 50 bis 250 Mitarbeiter 17.12.2023
Unternehmen ab 250 Mitarbeiter / Kommunen ab 10.000 EW 17.12.2021
Durch die vorgegebenen Rahmenbedingungen ergeben sich für viele Unternehmen erhebliche neue Anforderungen an die Entgegennahme und Aufklärung von Meldungen über mögliche Compliance-Verstöße.
Im Überblick:
- Unternehmen / Kommunen sind verpflichtet, Meldekanäle einzurichten, die die Meldung möglicher Gesetzesverstöße durch Hinweisgeber ermöglichen. Hinweisgeber können alle Personen sein, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über mögliche Verstöße erlangt haben. Darunter fallen insbesondere Arbeitnehmer, Mitglieder von Leitungsorganen, Selbstständige oder auch Angehörige von Auftragnehmern, Subunternehmern oder Lieferanten.
- Die von den Unternehmen / Kommunen einzurichtenden Meldekanäle müssen so konzipiert, eingerichtet und betrieben werden, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und solcher Personen, die in der Meldung erwähnt werden, gewahrt bleibt. Es müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um unbefugten Mitarbeitern den Zugriff auf diese Informationen zu verwehren. Die Einrichtung einer internen Telefonnummer und Mailadresse reicht hier nicht aus. Es müssen bestimmte Kriterien – Zugriffsbeschränkungen, Verschlüsselung etc. – gewährleistet sein.
- Eine Pflicht zur Einrichtung eines Meldekanals für anonyme Meldungen besteht nicht.
- Meldungen im Hinweisgebersystem müssen durch eine unparteiische Person oder Abteilung im Unternehmen oder außerhalb des Unternehmens (z.B. externer Ombudsmann) bearbeitet werden, welche für die Entgegennahme der Meldung und für Folgemaßnahmen (z.B. Aufklärung) zu den Meldungen zuständig ist.
- Die Bearbeitung von Hinweisen ist an zeitliche Fristen gebunden (sieben Tage nach Eingang der Meldung bzw. maximal 3 Monate)
- Es müssen Möglichkeiten geschaffen werden, Meldungen in schriftlicher oder mündlicher oder in beiden Formen abzugeben. Auf Wunsch des Hinweisgebers muss auch ein persönliches Treffen mit dem Empfänger der Meldung innerhalb eines angemessenen Zeitraums ermöglicht werden. Als Meldekanäle bieten sich, neben einer E-Mail-Adresse, eine Telefonnummer sowie ggf. ein Briefkasten an.
- Die Richtlinie verpflichtet, für angemessene Schutzmaßnahmen für Hinweisgeber zu sorgen. Demnach sind Hinweisgeber vor jedweden Repressalien zu schützen, insbesondere Suspendierung, Kündigung, Herabstufung, Versagung einer Beförderung, negative Leistungsbeurteilungen oder Ausstellung schlechter Arbeitszeugnisse, Disziplinarmaßnahmen oder jegliche Form der Diskriminierung. Zu beachten ist hierbei, dass in einem etwaigen Gerichtsverfahren, in dem ein Hinweisgeber geltend macht, aufgrund seiner Meldung vom Arbeitgeber benachteiligt worden zu sein, der Arbeitgeber beweisen muss, dass die in Rede stehenden Maßnahmen nicht aufgrund der abgegebenen Meldung erfolgt sind.
- Da es nicht im Interesse der Unternehmen / Kommunen ist, dass Meldungen zuerst extern – also direkt an Behörden – erfolgen, sollte das Hinweisgebersystem so einfach, klar, verständlich und einladend wie möglich aufgebaut sein, um Hinweisgeber dazu zu bewegen, Missstände möglichst immer erst intern zu melden.
- Hinweisgeber sollten unbedingt motiviert werden, zuerst interne Meldungen zu machen. Dies setzt praktisch voraus, dass das Hinweisgebersystem in der internen Kommunikation gegenüber den Mitarbeitern einen hohen Stellenwert eingeräumt bekommt.
Da die Einrichtung eines Hinweisgebersystems Zeit beansprucht, empfiehlt es sich, sich kurzfristig mit dem Thema zu befassen. Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems muss nicht zwingend über eine teilweise teure digitale Lösung eines externen Anbieters gehen. Ich informiere Sie gerne über die verschiedenen Möglichkeiten einer Umsetzung.
2 Antworten auf „EU-Whistleblower-Richtlinie – Ein Überblick“